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Wie beobachtet man Vögel? Wie werde ich Orni?

"10 Tipps die zum Erfolg führen können"
30. Dezember 2024

Wie beobachtet man Vögel? Wie werde ich Orni?

10 Tipps die zum Erfolg führen können

DinaDina
Flughühner kann man fast nur aus dem Hide so ablichten 

Ornithologen sind Menschen, die von den übrigen Zweibeinern zuweilen etwas belächelt werden. Ornis schauen mit Ferngläsern in der Landschaft herum und wirken dabei für den Betrachter manchmal etwas deplatziert. Aber Vogelgucker sind nicht verschroben, einzelgängerisch, kauzig oder wortkarg. Sie sind in jedem Fall auch immer Naturschützer, Naturfreunde und Naturversteher. Birdwatcher sind auch gesellig, finden sich in Vereinen und Foren und auf Ornithologischen Fachreisen zusammen. Ornithologen sind nicht nur die Biologen, welche die Fachrichtung Ornithologie studiert haben. Sondern es ist auch die Bezeichnung für alle Menschen, welche dieses schöne Hobby pflegen.

Möchtest du dich an das Thema Ornithologie oder Vogelbeobachtung herantasten? Dann findest du hier bestimmt einige nützliche Tipps: 

1. Spiele den Baum - mache dich unsichtbar

Stramm durch den Wald oder die Wiesen zu marschieren scheucht vielleicht eine Ente aus dem Graben oder eine Meise aus dem Strauch auf.  

DinaDina
Reiseleiter Sabrina und Stephan in Costa Rica 
Fliegt der Vogel davon, hast du ihn zwar gesehen, aber beobachten ist anders. Spaziere in Birdwatching-Geschwindigkeit. Also ein km pro Stunde und weniger. Bewege dich in Zeitlupe. Mime den Baum. Nutze Deckungen wie Sträucher, Baumstämme, Autos oder einen Schuppen. Bleibe im Schatten und stelle dich eben nicht ins volle Licht. Mache dich klein und fast unsichtbar. Wenn du sprechen musst, mache dies leise. Vermeide klickende und klatschende Geräusche. Und du wirst sehen, ... es wirkt! Auf einmal bewegt sich etwas, wo vorher nichts war!

2. Verschmelze mit der Landschaft (die richtige Kleidung)

Ein flatternder Regenponcho in Gelb ist genau das, was du nicht brauchst. Auch keine grelle Modekleidung in rot-schwarz, gelb-schwarz. Das kannst du tragen, wenn du als Biene Maya auf den Faschingsball gehst. Es muss aber auch keine Camouflagekleidung aus dem Militaryshop sein. Praktische, bequeme und recht dunkel gehaltene Klamotten sind perfekt.

Deine Kamera und auch dein Objektiv brauchst du auch nicht in einen „Tarnanzug“ aus Neopren zu zwängen; es nützt nach meiner Meinung nichts.

3. Nutze deine Sinne (Hören und Fühlen)

Sperre die Ohren auf. Gehe auf Horchfahrt.

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Beobachtungshütte in der Extremadura, Spanien 
Schärfe deine Sinne, nicht nur was Vogelgesang und Rufe betrifft. Höre auf das Rascheln von Laub und Ästen, auf Trittgeräusche oder herabfallende Früchte. „Spüre“ den Flügelschlag einer Krähe, eines Gänseschwarms.

Trainiere die verschiedenen Laute der gefiederten Freunde mit Hilfe des Internets, Apps oder Vogelstimmen-CDs (es gibt sie noch). Es ist ein enormer Vorteil, den Eichelhäher, den Zaunkönig oder den Trogon in Costa Rica schon am Ruf aus 100 m Entfernung zu vernehmen. Du weißt dann, wo du ungefähr schauen musst. Und bedenke: Zu Beginn ist es ein unüberschaubares Stimmengewirr. Gerade im Frühling in Europa oder wenn du z B in ein fremdes Land kommt, besuchst, einen anderen neuen Lebensraum erforschst. Aber Stück für Stück, Stimme für Stimme lernst du dazu und weißt es sehr schnell zu schätzen.

4. Sei kein Störenfried (Beobachte mit Respekt und Rücksicht)

Sorge durch dein Beobachtungsverhalten dafür, dass du möglichst wenig störst. Möglichst wenig Vögel aufschreckst, zum Wegfliegen oder Weglaufen nötigst. Das lässt sich nicht immer vermeiden.

DinaDina
Sabrina im Fotohide (Spanien) 
Aber je öfter sich Störungen wiederholen, desto mehr werden bestimmte Bereiche oder Wege oder Gegenden für Vögel uninteressant und du wirst sie (und andere Birdwatcher) dann nicht mehr dort antreffen. Diese Verhaltensregel möchten sich bitte sehr ehrgeizige Fotografen verinnerlichen.

Nutze kein Blitzlicht, um generell alle Wirbeltiere mit Netzhaut abzulichten. Nutze Taschenlampen recht sparsam, z B bei der Beobachtung von Eulen oder Ziegenmelkern. Halte von Nestern einen gehörigen Sicherheitsabstand. Fotos hiervon sind zum Glück in der Birdingcomunity eher verpönt. 

Verpönt sind auch Vogelstimmen aus der Konserve in die Landschaft zu entlassen. Zumindest in Europa. Zum Leidwesen benutzen gerade US-Birder Mobilephones in Verbindung mit Lautsprechern, um bestimmte Vögel zu provozieren und aus dem Gebüsch zu locken. Das ist eine massive Störung.

Bedenke: Arten zählen und an seiner Lebensliste zu arbeiten, ist bestimmt ein interessanter Nebenaspekt bei der Vogelbeobachtung. Aber sollte nie zu ehrgeizig betrieben werden, weil du dann schnell bestimmte Regeln zum Schutz der Birds über Bord werfen wirst.

5. Nutze die Möglichkeiten des Internets, der Vereine und der Zeitschriften

Bereite deinen Tagesausflug oder deine Reise z b nach Panama oder Ecuador gut vor. Bei Dunkelheit oder in der schlechten Jahreszeit gibt’s genug Gelegenheiten, im WWW nach spannenden Infos zu suchen.

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Bootstour auf Katamaran, Cano Negro in Costa Rica 

Klassische Naturschutz- oder Vogelschutzvereine bieten ebenfalls sehr nützliche Infos auf Webseiten, in Mitglieder – und Fachzeitschriften. „Naturschutz heute“ ist die 4x jährlich erscheinende Mitgliederzeitung des Nabu (fast 1 Millonen Mitglieder). „Vögel“, „Der Falke“ oder „Naturgucker“ sind gute Naturmagazine. In der Schweiz gibt’s noch „Ornis“.

„Merlin Bird ID“ oder „eBird“ solltest du auf dem Smartphone haben und nutzen. Von Stimmerkennung bis zu den Meldungen verschiedener Arten in bestimmten Gebieten findest du hier unendliche Möglichkeiten, deine Touren zu planen.

6. Nutze Hilfen zur Bestimmung (Bücher und Apps)

Das Standardwerk in Papier für jeden Einsteiger war immer „Schau mal was da fliegt“. Mit allen Vögeln Europas, sehr kompakt und preiswert. Bestimmungsbücher für Vögel gibt es für fast alle Länder der Erde. Nur eben kaum in deutscher Sprache. Auch der erklärte Feind der Anglizismen muss dann verstehen, die Birdersprache ist Englisch. Eine prima Übung und Vorbereitung ist aber, sich das Fachbuch des Urlaubslandes (Costa Rica, Panama, Ecuador, Spanien) zu bestellen und die deutschen Namen von Hand und mit Hilfe der offiziellen Namensliste von Avibase (www) einzutragen. Übersetze nicht per Programm, denn dann kommen namentlich ganz seltsame Vögel zustande.

Die Qualität der Apps für Smartphones werden auch immer besser. Oft arbeiten sie aber leider mit Fotos, was die Vergleichbarkeit schwieriger macht. Merlin Bird ID ist ganz brauchbar, aber die deutschen Namen sind leider oft falsch übersetzt. Seit vielen Jahren ist der Kosmos Vogelführer als kostenpflichtige App auf dem Markt. Sie arbeiten mit Zeichnungen und ist wirklich zu empfehlen. Für Europa. 

Als Einsteiger versuche nicht sofort in jedes Detail zu gehen, um Vögel zu bestimmen. Beginne mit den Familien. Es ist keine Schande, zunächst mal zu erkennen, dass du es mit einem Specht oder Reiher zu tun hast.

DinaDina
"Verhaltenstipps" in Costa Rica fürs Birdwatching 

7. Dein persönliches Safarifahrzeug (Das Auto oder Boot als Tarnanzug)

Ein Fahrzeug wird so schnell nicht als Feind erkannt. Es gibt so einige Orte, gerade in der freien Landschaft, in der Steppe Spaniens, an Gewässern oder im Reisfeld in Costa Rica, wo du mit deinem Wagen oder Leihwagen Safari fahren kannst. Solange du nicht aussteigst, lassen dich oft viele Tiere sehr nahe heran. Wenn möglich, fahre auch mit offenen Fenstern, denn wenn du ein Tier entdeckt hast, langsam stoppst, dann kann das Öffnen des Fensters genügen, ihn aufzuschrecken. Manchmal ist es auch gut, den Motor nicht abzustellen, obwohl Umweltgründe dagegensprechen. Auch die Fotografen mögen lieber keine Vibrationen. Sei aber immer selbstkritisch, wo es angemessen ist mit dem Wagen zu fahren. Sind andere Spaziergänger oder Ornis auf deiner Strecke zu Fuß unterwegs oder walzt du gerade mit deinen Reifen wilde Orchideen platt?

Ebenso bieten Bootstouren sehr besondere Perspektiven und Nähe zum Objekt. Das Tier, der Vogel, erkennt den Menschen sitzend im Boot nicht als Feind. Insbesondere in Ländern, in denen der Birdwatchingtourismus kein unbeschriebenes Blatt mehr ist, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, an Bootstouren teilzunehmen. Auf Regenwaldflüssen in Costa Rica oder in den Mangroven in Ecuador. Achte darauf, dass es keine allgemeintouristischen Touren sind in großen Gruppen.

8. Von Fütterungsplätzen, Verstecken, Aussichtstürmen oder Hides

Immer größerer Beliebtheit auch bei Vogelfotografen erfreuen sich sogenannte Hides oder auch Futterstellen. Wir kennen ja die Winterfütterung in Europa. Sie mach es einfach, die 10-20 Arten zu spotten, die sich mit diesem Futter locken lassen.

DinaDina
Beobachtungsturm im Regenwald in Panama 
In die Diskussion, ob das gut ist oder nicht, möchte ich hier nicht einsteigen. Nur Eines: Wir und die Vögel leben nicht mehr in einer reinen Naturlandschaft.

In Costa Rica, Panama und Ecuador werden oft Vögel mit Früchten wie Bananen gelockt. Das funktioniert auch zumeist nur bei einige Arten: Tukane, Papageien, Tangaren, Spechte.

So hast du eine sehr gute Möglichkeit, auf wenige Meter an die sonst scheuen Baumkronenhocker heranzukommen. 

In Spanien gibt es die Möglichkeiten aus Verstecken heraus Geier (Gänsegeier, Bartgeier, Schmutzgeier, Mönchsgeier) oder Steinadler (Kaiseradler, Habichtsadler) beim Fressen zuzuschauen. Oder im stundenlangen Ansitz Flughühner am Wasserloch. 

Weiter gibt es Ansitz-Hides für Blauracke, Bienenfresser, Wiesenweihe, Großtrappe und Zwergtrappe, alle ohne Fütterung. Diese Ansitzverstecke sind eine ganz hervorragende Möglichkeit für Fotografen und Beobachter den Tieren ganz nahe zu kommen ohne zu stören. Aber es erfordert recht hohen Aufwand, diese Verstecke zu etablieren, zu betreiben und betreuen.

Was zum Beispiel in den Niederlanden, Spanien oder auch in einigen deutschsprachigen Regionen ganz hervorragend für Birdwatcher ist, sind Beobachtungshütten in Nationalparks, Naturparks oder anderen Schutzgebieten. Achte bei der Auswahl deiner Reiseziele und Wanderwege auf solche Hütten oder Sichtschutzanlagen mit Beobachtungsluken. Oft sind sie schon in Google-Maps eingetragen.

9. Die Technische Hilfsmittel zur Beobachtung (Fernglas und Spektiv)

In Costa Rica z B sind viele Vögel und andere Tiere wie Säuger, Reptilien und Amphibien außergewöhnlich gut zu beobachten. Das liegt an dem schon viele Jahrzehnte andauernden Schutz und die unterbleibende Jagd. Sie ist im ganzen Land verboten. 

Das touristische Aufkommen, Menschen die bestimmte Wege z B in Nationalparks und privaten Schutzgebieten nutzen, wirkt sich ebenfalls positiv auf die Fluchtdistanzen aus. Die Tiere verlieren die Scheu, weil sie spüren, dass vom Menschen keine Gefahr mehr ausgeht. 

Einige Arten nutzen ganz gezielt die Nähe des Menschen, der Hotels und Lodges, weil der Prädationsdruck geringer ist.

DinaDina
Das Auto als Tarnkappe (Niederlande) 

Ferngläser helfen bei der Beobachtung sehr, wenn du etwas geübt bist, mit ihnen umzugehen. Und wenn das Equipment einige Mindestanforderungen erfüllt. 

Kaufe nicht erst kurz vor der Reise ein Fernglas, sondern übe in heimische Gefilden den Umgang. 

Zu empfehlen sind Gläser der Vergrößerung 8 bis 10. Wer etwas unruhiger ist mit der Hand, sollte eine 8-fache Vergrößerung wählen. Die Lichtstärke (und Größe und auch Gewicht) wird bestimmt durch den Objektivdurchmesser (Linse vorne). Er sollte 42mm und mehr betragen. Unter 30mm wird es aber eher unbrauchbar. Im Regenwald und in der Dämmerung sieht man damit insbesondere die Farben fast nicht mehr. 

Gute, wasserdichte Qualitäten gibt es u a von Zeiss, Swarovski oder Leica neu ab ca. 800-1000 €. Spitzengläser kosten mehr als das Doppelte (rd. 2000-2500 €). Gebraucht kann man aber hier und dort (Internet: Ebay-Kleinanzeigen, Kleinanzeigenmarkt beim Nabu) gut erhaltene Exemplare erwerben.

Spektive (Einrohrferngläser) helfen bei relativ statischen Objekten und großen Entfernungen. Also an Gewässern, in der Steppe Spaniens oder, mit Übung, auch im Regenwald. Sie sind aber kein Ersatz für ein Fernglas, nur Ergänzung.

Die Vergrößerung liegt meist bei 25-fach bis 50-fach. Das Objektiv sollte nicht kleiner als 65mm sein. Sie erfordern in der Handhabe noch etwas mehr Übung. Und sind sicher auch recht sperrig, gerade auf Reisen. Lassen sie sich auch hier nicht von Billigangeboten verführen. Gute Geräte bieten die drei o a Hersteller. Die Preise für brauchbare Spektive liegen sicher so, wie bei den Ferngläsern. Achte aber auch auf ein stabiles Dreibein-Stativ eines Markenherstellers wie Manfrotto. Die Preise hierfür liegen (für Kopf und Beine) zwischen 300-800 €.

Viele Hersteller bieten Adapter für die Fotografie. Aber auch mit einem aus der Hand angehaltenen Smartphone kann man mal ein Belegfoto/Bestimmungsfoto machen. 

Fazit: Für jede Beobachtungsgruppe (ein Paar oder Mietwagenbesatzung) ein geeignetes Fernglas dabei zu haben, ist kein Nachteil. Die Natur lässt sich aber auch ohne Glas und nur mit den natürlichen Sinnen erleben. Ein Spektiv ist etwas für engagierte Ornithologen. Auf unseren Gruppenreisen führen wir immer ein Spektiv mit uns, um auch Tiere zu zeigen, die sonst den Teilnehmern verborgen blieben.

DinaDina
So gehts sehr schnell! 

10. Gemeinsames Erleben auf Ornithologischen Reisen

Du musst dich nicht als Orni definieren, um an einer solchen Reise teilzunehmen. Es ist auch die Möglichkeit, als Naturfreund hier dieses Thema Vogelbeobachtung einmal etwas intensiver auszuprobieren und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Auf Orni-reisen ist natürlich das Thema relativ fest vorgegeben. Aber es muss deshalb kein Artenrennen sein; schaue in den Beschreibungen immer genau hin und frage gegebenenfalls nach.

Ornithologische Reisen sollte immer nur in Kleingruppe bis maximal 6 Leuten stattfinden. Sie können aber auch als individuelle Reise, z B als Mietwagentour vom Spezialisten, ausgearbeitet und vorbereitet sein. Mit ornithologischen Guides, die tageweise an wechselnden Orten zu dir stoßen. 

Es gibt inzwischen in Costa Rica, in Ecuador, in Panama und auch Spanien spezialisierte Lodges oder Hotels, die beste Bedingungen vor Ort oder in der Umgebung zur Vogelbeobachtung bieten. Die Hides oder Futterplätze vorhalten. Oder auch lokale Guides (ornithologische Reiseleiter) selbst im Hause haben oder vermitteln. 

Der Autor

Stephan Martens

Die Natur ist meine Leidenschaft. Und mein Traumberuf seit über 20 Jahren Reiseleiter: Genauer gesagt bin ich Naturreiseleiter und leite auch Ornithologische Touren. Ökologische Zusammenhänge und die anthropogenen Auswirkungen finde ich spannend. Mit Gästen Naturbegeisterung teilen, das gefällt mir.

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Ich bin seit 20 Jahren ornithologischer Reiseleiter. So habe ich in diesem kleinen, nicht in allen Details erst gemeinten Artikel heruntergeschrieben, was mir dazu einfällt. Wenn es dazu Gegemeinungen gibt, freue ich mich auf eine Diskussion. Ich hoffe aber die eine oder andere Frage damit beantworten und vielleicht auch die eine oder andere Person infizieren zu können. 

Weiterführende Information

 Ihr Spezialist für Costa Rica und Spanien
sowie besondere Naturregionen.