Flora & Fauna / Costa Rica

Die Spechte in Costa Rica

"Die Schreinermeister des Regenwaldes"
31. Mai 2024

Mittelamerika

Costa Rica

Die Spechte in Costa Rica

Spechte sind nicht zimperlich. Sie hämmern mit voller Wucht auf den Baum ein. Wer das beobachtet, wundert sich darüber, dass es nicht zu Verletzungen kommt. Schließlich ist es jedesmal ein Aufprall, als wenn man mit 25 km/h gegen eine Wand fährt. Wer schon einmal auch mit dieser scheinbar geringen

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Linienspecht 
Geschwindigkeit mit seinem Auto gegen ein Hindernis gefahren ist, der weiss was für Kräfte am Werk sind. 

  

Genial konstruiert: Spechte in Costa Rica und in Europa

Dabei bekommen die Spechte keine Kopfschmerzen. Also zumindest nicht vom Trommeln, vielleicht auch nur Schluckspechte nach dem Zechen. Dafür, fürs Hämmern, sind sie speziell konstruiert: Ein ausgeklügelter Knochenbau und die Art wie das Gehirn im Schädel sitzt. Es ist nur wenig von Flüssigkeit umgeben und so schaukelt es sich bei der Hämmerei nicht auf. Und die Hämmerei bricht alle Rekorde. 20 Mal pro Sekunde und bis zu 12.000 Mal an einem Tag.

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Eichelspecht 

Weitere Besonderheit und Anpassung an diese spezielle Tätigkeit ist, dass die Spechte alle ihre Augen in der Millisekunde des Aufpralls schließen. So vermeiden sie Schäden durch fliegende Späne. Denn die Augen sind absolut essentiell - ein scharfer Blick ist nötig. Nicht nur auf ihre Schreinerarbeit am Holz, sondern auch an der Nahrung, dem Werkstück. Denn Spechte klemmen Nüsse und Zapfen gerne in Spalten fest, um dann besser an die Samen zu gelangen. Spechtschmiede nennt man diese Orte. Und ... nur wenige Vögel beherrschen Werkzeuge - das zeugt von besonders entwickelter Intelligenz. Wenn der Specht einmal loslegt, dann fliegen die Fetzen, wie schon oben geschrieben. Oder vielmehr die Holzspäne. Neben dem Schutz der Augen gibt es aber noch eine weitere Anpassung an diese gefährliche Arbeit: Damit die Späne nicht in die Nasenlöcher gelangen, befinden sich feine Federn darüber.

Spechte haben eine sehr lange Zunge. Nachdem sie kleine Gänge in die Äste gehackt haben, bohren sie ihre Zunge hinein, um die Insekten und Insektenlarven heraus zu lutschen. Daneben benutzt der Specht sie manchmal, um nahrhaften Nektar und Baumsäfte zu schlürfen. Daher stammt wohl der Name "Schluckspecht".

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Kastanienspecht 

Der übrige Körperbau der Spechte ebenso perfekt an seine Lebensweise angepasst. Andere Vögel haben zumeist drei Vorderzehen und eine Hinterzehe. Spechte hingegen haben jeweils zwei Zehen nach vorne und zwei nach hinten gerichtet. So finden sie besseren Halt beim Turnen an senkrechten Stämmen und Ästen. Dabei werden sie durch Abstützen auf ihren Schwanz, welcher verstärkte Steuerfedern besitzt, gehalten. So befolgen Spechte eine goldene Kletterregel: Immer drei Haltepunkte einhalten, um seitliche Bewegungen zu vermeiden.

Alle Spechte fliegen und gleiten nach einem bestimmten Muster oder Rhythmus: Sie schlagen erst dreimal mit den Flügeln und nutzen dann den Vortrieb, um eine Weile zu gleiten. Warum sie das machen? Bestimmt nicht dafür, um von uns Birdern recht einfach idendifiziert werden zu können. Möglicherweise aber um von Predatoren leichter erkannt zu werden. Denn Spechte sind recht wehrhaft und so ist der Sperber gewarnt. Möglicherweise können sie in der Gleitphase aber deinen möglichen Landeort besser anfocussieren. 

  

Der Specht ist mein D. J. 

 

Spechte gibt es fast überall in der Welt. Rund 200 Arten teilen sich nicht nur reine Waldlebensräume. Nur in Australien, Neuseeland auf einigen Inseln und der Antarktis gibt es keine Carpinteros (=Schreiner), wie sie in Costa Rica heissen. In Europa haben wir rund 10 Arten, im kleinen Costa Rica (so groß wie die Schweiz) hämmern schon 16. 

  

In Europa machen sich manche Arten bei den Häuslebauern nicht unbedingt beliebt. Fassadendämmungen, also Dämmputzfassaden finden sie super und richten hier gerne ihre Höhlen ein. Geht viel lockerer vom Schnabel, so softes Styrodur.

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Haarspecht 
Aber auch vermuten sie unter dem griffigen Putz etwas Fressbares. Und so eine Fassade klingt ganz prima nach morschem Holz, wenn man lostrommelt. Ist die Fassade dann versaut? Nein, zumeist ist es ja eher ein optischer Schaden, der Dämmwert sollte wohl kaum gelitten haben. Die Reparatur ist relativ einfach erledigt, aber man muss halt meist ein Gerüst haben. 

Was für Menschen zumeist ein absolutes No-Go ist, sich von der Natur, hier dem Sprecht, auf der Nase rumtanzen zu lassen. Schließlich wollte man sich die Natur doch Untertan machen. 

 

Viele Menschen denken, dass die Spechte beim Trommeln immer Höhlen bauen oder Nahrung suchen. Das ist jedoch nicht richtig, den der Naturfreund versteht sofort, wenn er zum Beispiel einen Specht an einem  Ast beim Trommeln beobachtet: Der Ast wird perfekt als Resonanzkörper für einen guten Sound gebraucht. Aber nicht nur Äste bereiten einen guten Klang: Ich habe auch oft Spechte an Metallmasten gesehen und erstaunt gelauscht. So ist das Hämmern, der Trommelwirbel der Spechte, auch über weite Entfernungen gut hörbar. Das Revier wird so abgegrenzt und Kollegen beeindruckt. Höhlen werden hingegen mit deutlich heftigeren Hieben ins Holz gemeißelt.

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Buntkopfspecht 

Übrigens können die bei uns und in Costa Rica vorkommenden Spechtarten anhand ihrer Lautäußerungen (Trommelfrequenz) mit ein wenig Übung gut unterschieden werden. So sind die Töne des etwa Schwarzspechts lauter und länger als die von Buntspecht oder Kleinspecht. Der Grünspecht trommelt hingegen nur selten und dann recht schüchtern. Die Mittelspechte ersetzen das Trommeln fast ganz durch ihren markanten Ruf. Die Königspechte und Linienspechte Mittelamerikas sind entsprechend ihrer Größe die lautstärksten Spechte im Regenwald und können so recht leicht erkannt weden. 

  

Ohne Naturwald keine gefiederten Schreiner

 

Zum Glück sind unsere Spechte in Europa geschützt. So dass es da keine Diskussionen gibt. In Costa Rica aber übrigens auch. 

Aber Spechte sind auch bedroht. In Europa und auch, etwas weniger stark, in Costa Rica. 

Es gibt in den Wirtschaftswäldern fast kein totes Holz mehr. Intensive Forstwirtschaft und Nutzung als Brennholz sind wohl die Hauptgründe. Auch in unseren Gärten herrscht zu oft ein zu starker Ordnungssinn.

Auch in Costa Rica, wo es im Gegensatz zu Europa noch viel Naturwald oder Urwald gibt, werden Holzplantagen häufiger. In Europa ist rund 90 % des Waldes ein Wirtschaftswald, oft Monokultur und nicht standortgerechten oder gar exotischen Gehölzen. In Mittelamerika, wo der Waldanteil von der Gesamtheit der Fläche etwa vergleichbar hoch ist wie in Europa, ist der Wald aber zu 90 % Urwald oder relativ naturnaher Sekundärwald.  Somit: Ohne Totholz keine Maden, keine Insekten als Nahrungsgrundlage.

 

Spechte sind gute Schreiner, bauen sich ihre Häuser selber. Also ihre Bruthöhlen. Oft mehrere und auch immer wieder neue. Viele höhlenbrütenden Vögel profitieren davon. In Europa sind das zum Beispiel Wiedehopf, Blauracke oder Hohltaube. Aber auch Meisen, Stare, Eulen oder Sittiche. Nebenbei nutzen viele Insekten, wie Wespen (Hornissen), Bienen und auch Fledermäuse oder Bilche die Verstecke. 

In Costa Rica nutzen u a die Trogone, der berühmte Quetzal oder viele Papageien und ebenfalls Eulen diese Baumhöhlen.

Sigi und GerdaSigi und Gerda
Schläfenfleckspecht 

 

Die häufigsten Arten in Costa Rica (14 von 16 Arten)

 

Die Gattung Melanerpes bietet gleich fünf Arten in Costa Rica. Sie teilen sich die Lebensräume auf. So ist je nach Standort die Bestimmung recht einfach. In den hohen Bergen des Talamancagebirges (Suenos del Bosque, San Gerardo de Dota) kann man also sicher sein, einen Eichelspecht zu beobachten, wenn man einen Vertreter dieser Gattung vermutet. 

Entsprechend kommt der Hoffmannsspecht nur in wechselfeuchten Gebieten, Provinz Guanacaste und dem Zentraltal (Finca Canas Castilla, La Cruz) vor. Die karibische Seite und Tiefebende (Pedacito de Cielo, Boca Tapada) besetzt der Schäfenfleckspecht, die südliche pazifische Küste (Finca Bavaria, Uvita) bewohnen aber zwei Arten: Rotkappenspecht und Buntkopfspecht

Alle Arten dieser Gattung bezeichne ich auf meinen Reiseleitungen unfachmännisch und, um eben Brücken für uns Europäer zu bauen, als "buntspechtähnliche Arten". 

  

Zwei weitere Specharten bewohnen das mittlere Bergland bzw. das Hochland. Ersterer ist der grünliche Olivmantelspecht: Ihn findet man auf dem Vulkan Poas (untere Hänge bei San Pedro de Poas), in Monteverde (Schutzgebiete Curi Cancha oder Monteverde Hauptschutzgebiet) oder dem Orosital (Tapanti Nationalpark). Zweiterer ist der wesentlich schwarzweiße Haarspecht, Zuhause ist er z B in den Bergen von San Isidro (Perez Zeledon) oder im Talamancagebirge (San Gerardo de Dota).

  

Der grüne rotbehaubte Weißkehlspecht ist ein Bewohner des Tieflandes und Regenwaldes. So findet man ihn z B im Norden des Landes, im Cano Negro Sumpfgebiet (Campo Cano Negro, Los Chiles). Aber auch auf der Osa-Halbinsel im Südwesten (Danta Corcovado Lodge, Puerto Jeminez) des Landes kommt er vor. 

Ebenso in diesem Lebensraum findet sich der Zwerg unter den Spechten in Costa Rica: Nur 10 cm misst der grünliche Olivrückenzwergspecht. Unverkennbar auch durch seine gepunktete Kappe. Wir sehen ihn regelmäßig auf unseren ornithologischen Touren im Cano Negro!

Dr. OhlendorfDr. Ohlendorf
Buntkopfspecht 

 

Die Schreinermeister (Carpintero ist der spanische Name für Spechte = Schreiner) sind die großen Königspechte und Linienspechte. Recht ähnlich sind sie sich. Der Linienspecht hat die weiße Linie noch durch den Kopf hinweg verlaufend. Aber sie gehören, bis vielleicht die Genetiker eine Berichtigung liefern, zwei verschiedenen Gattungen an. Beide erreichen mit rund 33 cm etwa Grünspechtgröße und kommen recht häufig im ganzen Land vor, mit Ausnahme des Berglandes und Hochgebirges (etwa bis 1400m).

 

Aus der Gattung Celeus stammen zwei Arten, beide recht ähnlich, mittelgroß und bräunlich bis rotbräunlich mit roten Kopfpartien. Der Kastanienspecht hat noch eine hübsche Haube. Der Rotkehlspecht eine helle Bauchseite. Wir finden sie an der Karibikküste und der Karibischen Tiefebene (von der Region Vulkan Arenal östlich und in Boca Tapada, in Cahuita an der Küste und im Cahuita Nationalpark).

 

Ein Wintergast unter den Spechten ist nun die letzte Art, welche ich hier nennen möchte: Der Gelbbauch-Saftlecker wohnt zwischen Oktober und März im ganzen Land. Er hat auf dem ersten Blick Ähnlichkeit mit den fünf Kollegen der Gattung Melanerpes. Aber er bleibt komplett schweigsam, muss hier ja kein Revier verteidigen. In der Region Vulkan Arenal (Nepenthe Lodge, El Castillo) haben wir ihn gesichtet. Aber er ist auch an fast allen anderen Orten sporadisch zu beobachten. 

 

Der Autor

Stephan Martens

Die Natur ist meine Leidenschaft. Und mein Traumberuf seit über 20 Jahren Reiseleiter: Genauer gesagt bin ich Naturreiseleiter und leite auch Ornithologische Touren. Ökologische Zusammenhänge und die anthropogenen Auswirkungen finde ich spannend. Mit Gästen Naturbegeisterung teilen, das gefällt mir.

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Stephan leitet in Costa Rica und Spanien Ornithologische Reisen und Naturreisen. Auf seinen Touren sind die Spechte oft einer der begehrtesten Beobachtungs- und Fotoziele. Durch ihre speziellen Laute und Flug machen sie es ihm relativ leicht, sie zu finden. Sein Liebling ist der 10 cm-Winzling Olivrückenzwergspecht!

Vielen Dank für Ihr Interesse. Rückfragen zu diesem Artikel gerne jederzeit! 

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