Kultur & Geschichte / Deutschland

Der Feigenvater würde Rotwein trinken

Alternatives Birdwatching in Lockdown-Zeiten
16. November 2020

Europa

Deutschland

Alternatives Birdwatching in Lockdown-Zeiten

In dieser Wintersaison sind wir nicht, wie sonst seit vielen Jahren, in Costa Rica. Keine Rundreisen, keine ornithologischen Touren welche wir leiten dürfen. Jammerschade.

Dafür stehen wir mit dem Caravan in Portugal, an der Algarve. Und nutzen die Zeit für die Verbesserung unserer Internetseiten und Reiseangebote.

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Papa Figos: der Pirol 

Oft sind wir mit Fernglas und Co. in der Pampa unterwegs, aber immer geht’s eben nicht. Gestern hatte es "geschifft" wie aus Kübeln und das „Birdwatching“ verlegten wir somit in einen der Mega-Supermärkte für die zahlreichen zahlungskräftigen Ausländer. Gefühlt sind die Briten hier in der Mehrheit; ich hoffe, sie werden bald ein Visum brauchen und mit Zwangsumtausch  á la DDR geärgert werden. 

 

Vögel beobachten im Megasuper?

Ja klar, in den Weinregalen! Da geht’s. 

Zahlreiche Rotweine, Weißweine oder auch Hochprozentiges schmücken ihre Flaschen oder Eteketten mit Vogelbildern. Zum einen Teil recht hübsch gestaltet. Zum anderen Teil haben wir, zumindest die Roten der Weine, ja auch probiert. Sie schmeckten uns als Liebhaber spanischer und argentinischer Weine sehr gut. Hier in Portugal hat es auch Sonne, geschickte Hände und geeignete Böden.

Uns stellte sich aber im Supermarkt die Frage, warum werden die gefiederten Jungs und Mädels denn gerade mit Wein in Verbindung gebracht und sind dem mal nachgegangen.

 

Am einfachsten war die Frage bei den sogenannten jagdbaren Arten zu beantworten. 

Das waren in diesem „Mercado“ denn Krickente, Stockente, Schottisches Moorhuhn, Jagdfasan (wie der Name sagt, ist er nur vom lieben Gott geschaffen worden, um gejagt zu werden), Bässhuhn und Rothuhn. Falls wir nicht irgendeinen Vogel vergessen haben, dem wir nicht zugetraut hätten, gerne gejagt zu werden. 

Der frühere Sinn der Jagd war ja mal auch Nahrungsbeschaffung. Heute ist Jagd ein Pe...sport zur Befriedigung von Urtrieben. Somit war der Zusammenhang aber klar: Wein passt zu Wildgerichten. Zwei Regale weiter hinter dem Wein im Supermarkt lagen auch fertig vorbereitete und erschossene Rothühner zum Kauf. Ergo, wer diesen Wein trinkt, der fühlt sogleich die Jagdromantik. Jägerhelden, mit der Waffe in der einen Hand, in der anderen das noch zappelnde Rothuhn und eine Flasche Wein. Das passt; gerade bei Rotwein, der hier so dunkel ist wie Blut.

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Das Rothuhn darf hier gejagt werden :-( 

Übrigens: Wer es noch nicht weiß und mal Lust hat: Hier in Portugal werden Jagdreisen auf das Rothuhn angeboten. In der Beschreibung der Jagd auf diese hübschen Bodenvögel steht: „Während der Jagdsaison können Rothühner durchgehend mit mit sehr guten Streckenerwartungen bejagt werden.

Es steht Ihnen vor Ort ein exzellentes Team von professionellen Berufsjägern, Flintenspannern, Treibern und Hunden zur Verfügung. Sie jagen je nach Wunsch auf getriebene Rothühner oder mit dem Vorstehhund. 

Durchschnittlich überfliegen die Schützenkette etwa 4.000  Rothühner pro Tag.“

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Der Grünfink bringt Kraft?! 

Etwas schwieriger war die Aufgabe, den Zusammenhang Wein und Vögel bei Fichtenkreuzschnabel, Grünfink, Pirol, Kiebitz und Eisvogel herzustellen. 

Beginnen wir beim Kreuzschnabel: Er spielt in Christusmärchen eine Rolle. Als Jesus am Kreuze hing, soll ein Kreuzschnabel herbeigeflogen sein und versucht haben, den Nagel mit dem Schnabel herauszuziehen. Zum Dank segnete Herr Jesus diesen Vogel wegen seiner Heldenhaftigkeit mit rotem Gefieder und Kreuzesform des Schnabels. Der war in Ordnung, der Jesus. 

Der Grünfink gehört bei Esoterikern zu den sogenannten „Krafttieren“. Aber dazu gehören auch die Motte und die Schildkröte? Nun, nach der Geschichte oben zum Kreuzschnabel sollte dieser eher dazu gehören. 

Papa Figos, der Feigenvater, also der Pirol, ist das Maskottchen eines besonders schmackhaften Tropfens. Der Winzer schreibt dazu: „Von allen Vögeln im Douro ist der goldene Oriole (papa figos in portugiesischer Sprache) einer der seltensten. Es ist ein attraktiver, bunter Zugvogel, einzigartig und selten, und somit die perfekte Inspiration für diesen schönen Wein von Casa F.. Papa Figos ist ein Douro Rot, ideal für den Alltag sowie für besondere Gelegenheiten. Es ist ein eleganter, aber vibrierender Wein, klassisch und doch modern, mit allen Werten der Casa F. durchdrungen.“

Die Vibrationen spürten wir ganz deutlich nach der zweiten Flasche. Möglicherweise hat das aber am Alkohol und nicht an der Aura Papa Figos´s gelegen.  

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Steinadler 

Beim Kiebitz könnte man durchaus auch eine Verbindung zur Jagd, zumindest zur „Eierjagd“ herstellen. So war das Sammeln, gerade der ersten Eier im Jahr, in Norddeutschland und den Niederlanden doch große Tradition und demjenigen, welcher das erste Ei fand, gebührte unendlicher Ruhm. Nicht gerade wie das Versprechen auf 72 Jungfrauen, aber doch fast so ruhmreich wie ein Volksheld. 

Allerdings..., und das wirft Zweifel auf: In Schlesien bedeutete der Ruf des Kiebitzes „Komm mit“ und galt somit als Totenvogel. Was hat sich dieser Winzer nun dabei gedacht?

Der Eisvogel, auf dem Weinetikett als Wächter der Flüsse bezeichnet, macht es noch komplizierter. Er ist Hauptdarsteller in vielen Sagen. Griechen, Römer, Franzosen sagten ihm vieles nach. Von Macht, Reichtum und Schönheit ist die Rede. Abergläubische Menschen waren oder sind fest davon überzeugt, dass Eisvogelfedern gegen Blitzeinschläge schützen. Tote Vögel sollten außerdem gegen Motten in Kleidern helfen. Bälge von Eisvögeln dienten als Kompass und Wetterfahne, weil der Schnabel wohl immer in Windrichtung zeigen sollte.

Der Steinadler, den wir zumindest als solchen auf der Flasche des Douro identifiziert haben, macht es hingegen einfach: „Der Adler ist das zweithäufigste Wappentier der Erde. Einzig der Löwe läuft ihm den Rang ab. In der Mythologie steht der Adler für die Sonne. Der Schnabel, die Krallen oder auch das ganze Tier symbolisieren zudem den Blitz, den Donner und den einzelnen Sonnenstrahl.

Der Adler steht für Weitblick, Mut und Kraft. Er ist der König der Lüfte und der Bote der höchsten Götter. Weil er (angeblich) beim Auffliegen stets direkt in die Sonne sieht, wurde er zum Symbol der Auferstehung, der Erlösung und des ewigen Lebens.“(Quelle: libellus.de)

Unser Fazit: Mit diesem starken Vogel auf der Flasche gibt es auch nach reichlichem Genuss garantiert keine Nebenwirkungen. Passt perfekt. Werbewirksam. Für starke Männchen, die ihre Weibchen beeindrucken wollen.   

Der Autor

Stephan Martens

Die Natur ist meine Leidenschaft. Und mein Traumberuf seit rund 20 Jahren Reiseleiter: Genauer gesagt bin ich Naturreiseleiter und leite auch Ornithologische Touren. Ökologische Zusammenhänge und die anthropogenen Auswirkungen finde ich spannend. Mit Gästen Naturbegeisterung teilen, das gefällt mir.

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