Von weitem sieht man ihn, den Kaiserstuhl. Rechts und links wenn man auf der Autobahn Richtung Schweiz fährt, umrahmen diesen oft die schneebedeckten Berge von Schwarzwald und Vogesen in Frankreich. Südlicher Oberrhein „schimpft“ sich diese Gegend hier. Oder Breisgau. Dieser umfasst Rheinebene, Kaiserstuhl und Westhänge des Schwarzwaldes und deckt rund 4000 qkm ab; der Kaiserstuhl 100 qkm davon.
Seit rund 6000 Jahren siedeln Menschen hier in dieser Vulkan- und Lösslandschaft. Der Vulkanismus war hier vor rund 20 Millionen Jahren aktiv. Das Vulkanische Rumpfgebirge ist dann stark erodiert und hat dann in den Eiszeiten Lössanwehungen erfahren. Die Schotterfelder des Rheines (des Urstromtales) und der Wind, haben hier Löss, also Tonstaub, teilweise in Schichten von 65 Meter Mächtigkeit entstehen lassen.
Die Natur formte dieses Mittelgebirge der ganz besonderen Art, der Mensch hat es entscheidend geprägt.
Die Natur dieses Gebietes ist einzigartig. Trockenwarme Lebensräume herrschen vor. Denn dieser Landstrich zählt ohnehin zum wärmsten Eck Deutschlands. Wein auf unendlich vielen Terrassen, Trockenrasenhabitate, Magerweiden, Flaumeichenwälder, Hecken aus Weißdorn, Wildrosen, Hasel und Hartriegel sorgen für Strukturreichtum. Zahlreiche Hohlwege, zum Teil schluchtartig und bis 25 Meter tief, durchziehen das Gebiet. Viele Wildorchideen prägen gerade im Frühling das Bild; bisher sind rund 30 Arten bekannt. Die Westseite des Mittelgebirges weist steile Vulkanhänge auf. Die Steinbrüche hier haben ihre Ursprünge in der Römerzeit und auch der naheliegende Rhein war eben dann als Transportweg von Vorteil.
Die Wälder (20 % der Fläche) der Gipfellagen und somit auf den schlechteren Böden bestehen natürlicherseits aus Laubmischwald. Gerade Gehölze mit Trockenresistenz dominieren. Das sind zum Beispiel Traubeneiche und Hainbuche, Flaumeiche und Elsbeere. Die Forstwirtschaft muss hier wieder lernen, dass Nadelgehölze wie Fichte und Douglasie aus Nordamerika hier nichts zu suchen haben und so kommt es gerade in diesen Jahren auch zu Schäden und Ausfällen.
40 % der Fläche sind mit Reben bestanden. Zum Glück für das vielfältige Leben recht kleinteilig und immer wieder von Hecken, Böschungen und Hohlwegen unterbrochen.
Am Fuße des Rumpfgebirges wird auf den sehr fruchtbaren Lößboden professionell Obst- und Gemüsebau betrieben. Insbesondere Äpfel, Birnen, Kirschen, Aprikosen und Walnüsse gedeihen hier prächtig. Sogar Mandelbäume und Feigen fühlen sich bei fast mediterranem Klima wohl. Spargel, Rettich, Schwarzwurzel und Salate sind hier die Favoriten der Gemüsebauer.
Besonders landschaftsprägend sind die Terrassen und Böschungen. Markant und kunstvoll angelegt: Ihre Entstehung geht bis in die fränkische Zeit um 600 bis 700 nach unserer Zeit zurück. Gerade hier haben viele für Deutschland besondere Tierarten ihre Heimat: Bienenfresser, Gottesanbeterin, Smaragdeidechse und Wiedehopf. Ebenso viele Bienenarten, Wildbienen genauer. Es gibt sogar Arten, die nur hier am Kaiserstuhl vorkommen, also als Endemiten bezeichnet werden.
Lebensräume:
Halbtrockenrasen
Er stellt eine der artenreichsten Landschaften in Mitteleuropa. Am Kaiserstuhl findet man ihn in so einigen Kuppellagen im Zentrum des Minigebirges. Sowie an einige Böschungen. Um diese Bereiche aufzufinden, empfiehlt sich die Anschaffung einer Wanderkarte im Maßstab 1:20.000. Halbtrockenrasen sind keine natürlichen Lebensräume, sondern durch Menschenhand entstanden. Nachdem der Wald entfernt war, die Nährstoffe des Bodes über viele Jahre durch das Mähen und Abtragen des Grases reduziert worden sind, konnte diese Wiesenform erst entstehen. Halbtrockenrasenpflanzen sind anspruchslos, was Nährstoffe und Feuchte betrifft. Typische Zeigerpflanzen sind Wiesensalbei, viele Orchideen und zum Beispiel das Sonnenröschen. Smaragdeidechse, Gottesanbeterin und viele Tagfalter besiedeln diesen in unseren Breiten seltenen Lebensraum.
Heute werden neben der Naturschutzmahd auch Ziegen zur Begrasung und somit zum Erhalt eingesetzt.
Volltrockenrasen
Wie der Halbtrockenrasen zieht der Volltrockenrasen viele Botaniker und Naturfreunde an. Denn wie schon geschrieben ist diese Pflanzengesellschaft recht rar in Mitteleuropa. Wassermangel und extreme Hitze bis 60 Grad Bodentemperatur im Sommerhalbjahr, eisige Nächte im Winter in dieser exponierten Lage machen es den Pflanzen nicht leicht. Es sind hier am Kaiserstuhl somit fast wüstenartige Verhältnisse. Hinzu kommen zu den oben angeführten begrenzenden Parametern noch felsige Verhältnisse mit fast keinem Boden. Ähnliche Bedingungen wie bei den aus Stadtlebensräumen bekannten Dachbegrünungen.
Für höhere Gehölze reicht im Volltrockenrasen das Wasser und der schüttere Boden nicht, und so finden wir nur hochspezialisierte Pflanzen wie Arten des Mauerpfeffers. Sie zählen wie die Kakteen mit ihrer Fähigkeit zur Wasserspeicherung sowie mit ihrem Wachsüberzug zur Verdunstungsreduzierung zu den Sukkulenten.
Hohlwege
Eine Spezialität des Kaiserstuhls. Sie entstanden durch Erosion des Lösses: Menschen, Gärtner und Bauern nutzten Jahrhunderte dieselben Wege. Durch Füße, Hufe, Karren und heute PS-stärkeren Gefährten wurden die Wege ausgehobelt und durch Regen ausgewaschen. Einige Hohlwege fielen dem Aufräumwahn der 70er Jahre der Flurbereinigung zum Opfer. Heute werden sie als Wanderwege gepflegt und erhalten. Teils sind sie befestigt, damit ein weiterer Tiefenabtrag nicht mehr stattfindet. Eine Nutzung als Wanderweg verhindert so auch ein Zuwachsen. An den Steilwänden der Hohlwege brüten Wildbienen, Grabwespen und der fast exotisch anmutende Bienenfresser gräbt hier seine Brutröhren.
Wälder
40 % der Waldflächen bestehen aus Buchen. Hauptsächlich die Kuppen und Hänge nach Norden und Osten. Darunter Seidelbast, Buschwindröschen und Waldveilchen.
Südhänge sind mit Flaumeichen, Traubeneichen und Hainbuchen begrünt. Gerade die Flaumeiche ist eine Zeigerart des Südens. Sie verträgt gut die Trockenheit und extreme Temperaturen.
Farnbewachsenen Eschen- und Ahorngesellschaften kommen selten in feuchteren Tallagen und nur kleinflächig vor.
Besondere Tiere:
Der Wiedehopf
Upopa epops heißt er wissenschaftlich. „Hup-hup-hup“ ruft er. Klar?
Wer ihn finden möchte, der prägt sich vorher am besten seinen Ruf ein. Dazu ist die Kosmos Vogel App sehr zu empfehlen.
In Deutschland zeigt seine Verbreitungskarte doch einige Lücken, aber hier am Kaiserstuhl ist er regelmäßiger Brutvogel. Er überwintert in Afrika und Südspanien. Gerade Weinregionen, Weinberge mit Hecken liebt er. Streuobstwiesen, Hecken und extensive Weiden sind sein Lebensraum. Als Nahrung dienen Grillen, Käfer, Raupen, Spinnen, Asseln, Hundertfüßler und Co.. Auch Eidechsen müssen sich vor ihm in Acht nehmen.
Der Bienenfresser
Sie brüten in den Steilhängen der Lößschichten und so sind sie dann ab dem mittleren Frühjahr auch zuverlässig zu finden. Die Röhren werden selbst gegraben und sind bis 2 Meter tief. Wie der Wiedehopf verbringen sie den Winter im Süden. Sie ernähren sich von großen Fluginsekten wie Bienen, Wespen, Libellen, Käfer etc..
Um sich dabei nicht zu vergiften, haben sie eine besondere Technik entwickelt: Durch Reiben der Stechinsekten an einem Untergrund wird das Gift ausgedrückt.
Für das Auffinden dieser Rackenvögel ist ebenfalls das Erkennen des Rufes ein großer Vorteil.
Die (Westliche) Smaragdeideche
Eine echte Lacerta, wie die bekanntere Zauneidechse. Aber sie ist mit bis zu 40 cm deutlich größer. Ein richtiger kleiner „Saurier“. Und sie kommt in Deutschland nur in den begünstigten Gebieten vor; in Südeuropa ist sie häufiger, vom Balkan bis nach Iberien. Genau genommen wird sie in zwei Arten unterteilt, der Westlichen und der Östlichen Smaragdeidechse. Sie fressen Spinnen, Insekten, Schnecken und Würmer. Aber auch Tiere bis zur Größe von Jungvögeln, andere Reptilien oder auch gelegentlich Früchte.
Die rituellen Kämpfe zur Paarungszeit sind ein Naturschauspiel für sich und am Besten im April zu beobachten.
Die Gottesanbeterin
Ein seltenes Insekt ist die Gottesanbeterin. Sie zählt zu den Fangschrecken. Dank ihrer Farbe kann sie sich sehr gut im Grün tarnen. Und wegen ihrer speziellen Körperhaltung erhielt sie den Namen „Gottesanbeterin“. In dieser Gebetshaltung lauert sie auf andere Insekten bis zu Wespengröße, fängt sie mit ihren perfekt angepassten Fangarmen und verspeist sie noch zappelnd. Mit rund 6 bis 7 cm ist sie für eine Europäerin recht groß und man entdeckt sie am leichtesten, wenn sie zufällig aufgeschreckt davonfliegt.
Der Kaiserstuhl zählt auf mehreren unserer eigenen Rundreisen durch die spannende Natur im Südwesten Deutschlands zum festen Programmpunkt. Als „Naturreisen“ betitelt sind diese Gruppenreisen mit 4-7 Teilnehmern gleichermaßen für Naturfreunde, Ornithologen oder Fotografen geeignet.