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Waldbrände in Spanien

"Zustand des Waldes und seine Entwicklung" Foto:Oscar Ruiz
23. August 2025

Europa

Spanien

Waldbrände in Spanien

Warum dieser Artikel?

Der Anlass für diesen Artikel ist die oft sensationslüsterne Berichterstattung der mitteleuropäischen Presse. Selbst öffentlich-rechtliche Nachrichtensender schreiben unrichtige Meldungen und erzeugen so ein falsches Bild in der Öffentlichkeit. Markige Schlagzeilen, auch in den sozialen Medien, mit Fotos von brennenden Landschaften und verkohlen Tälern schüren Weltuntergangsgedanken. Das Spielchen mit Zahlen und Größenordnungen, die kein Mensch in seinen Vorstellungen nachvollziehen kann, ist fatal. Es gibt keinen Zweifel am Klimawandel, welcher zum Teil in die Ursachen der Waldbrände mit hineinspielt, aber es muss eine neutralere, nüchternere Sichtweise einsetzen.

DinaDina
Wald und Macchie in der Extremadura 

Die Geschichte des Waldes in Spanien und Portugal

Um zu verstehen, dass es heute mehr Waldbrände gibt, muss man die Geschichte und Entwicklung des Waldes, der Landschaft und der Landwirtschaft betrachten.

Vor Einflussnahme des Menschen war Iberien fast komplett von Wald bedeckt. Wobei heutige Überlegungen offenlassen, ob vielleicht große Herden an Pflanzenfressern in bestimmten Gebieten für steppenähnliche Zustände gesorgt haben könnten.

Die Sesshaftwerdung des Menschen, die kulturelle Entwicklung hat dann in den letzten Jahrhunderten beziehungsweise zwei Jahrtausenden dazu geführt, dass der Waldbestand sukzessive verringert wurde.

Die Waldnutzung /der Waldverbrauch durch Baumaterialbeschaffung, Brennmaterialbeschaffung, als Weidefläche für Vieh aller Arten oder auch für Siedlungsflächen und Wege war enorm.

Genaue Zahlen gibt es nicht, man muss aber davon ausgehen, dass die Fläche des Waldes sich bis auf unter 15 % der Landesfläche Iberiens reduziert hatte.

1950 wird es wohl in Spanien eine Waldfläche von 120.000 km² gegeben haben. Zum Vergleich: Die Schweiz ist circa 50.000 km² groß. Heute, 2025, geht man von 200.000 km² Waldfläche aus, das sind circa 37 % der Landesfläche. Deutschland hat eine Landesfläche von circa 350.000 km² und einen Waldanteil von 30 %. Spanien circa 500.000 km².

Von Wald redet man dann, wenn aus der senkrechten Perspektive 30 % Bäume und Sträucher sichtbar sind. Somit zählen zum Beispiel die Dehesa, die Kork-, Stein- und Flaumeichenbestände in Spanien und Portugal, auch als Wald.

Unklar ist, ob die Macchie, also das 3-5 m hohe Buschland, welches große Flächen Portugals und Spaniens bedeckt, als Wald zählt. Es ist eine Vorstufe des Waldes und bei weiterer Entwicklung wird es sich in hochstämmigen Wald umwandeln.

Oscar RuizOscar Ruiz
Kastilien-Leon bei Riano 

Die Gründe für die deutliche Zunahme des Waldbestandes sind der gestiegene Wohlstand, die Landflucht und die immer weniger lohnende Landwirtschaft, speziell die extensive Weidewirtschaft. Wer will heute noch Schafe hüten?

Spanien und Portugal sind Länder, in denen der Waldbestand am stärksten zugenommen hat im europäischen Vergleich.

Die Wirkung von Waldbränden

Wenn darüber berichtet wird, dass Waldbrände enorme Mengen an CO2 freisetzen, muss man auch ehrlicherweise dazu sagen, dass diese Mengen an CO2 in den letzten Jahrzehnten von den Pflanzen gebunden worden sind.

Großflächige Waldbrände sind fatal für das Ökosystem. Am fatalsten jedoch für die Betreiber von Nutzholzwäldern in Monokultur. Monokulturen bieten oft beste Bedingungen, gerade in sommerlichen Hitzeperioden, dass ich große, sehr heiße Feuer entwickeln. Nach diesen Bränden überlebt kaum etwas. In naturnahen Mischbeständen sind die Feuer meistens weniger zerstörerisch.

Es gibt viele Pflanzen, die natürlicherseits an gelegentliche Buschbrände angepasst sind.

Bei einigen Pflanzen begünstigt Feuer die Keimung ihrer Samen. Bei anderen Pflanzen ist die dicke Rinde derart gestaltet, dass die lebenswichtigen Leitungen im Inneren der Pflanze vor Feuer geschützt sind. Als Beispiele muss man hier die Korkeiche und die Steineiche nennen.

Kleinflächige Waldbrände und leichtere Buschbrände sind somit durchaus eine Belebung des Ökosystems. Es entstehen neue freie Lebensräume, die von Spezialisten, Tier wie Pflanze, neu besiedelt werden können. Ein durchgängiger, geschlossener Wald ist artenärmer.

Waldbrände werden in Iberien auch natürlich ausgelöst. Oft ist aber auch Brandstiftung die Ursache. Oder der Leichtsinn des Menschen.

Ehemalige Weideflächen, also Flächen, die in den letzten Jahrzehnten nicht mehr bewirtschaftet wurden, sind zunehmend mit Buschland bedeckt. Hier haben sich enorme Mengen an brennbarem, organischen Material angesammelt.

Solche Flächen, die nicht forstwirtschaftlich bearbeitet werden, sind somit besonders brandgefährdet.

DinaDina
Dehesa in der Extremadura mit Steineichen 

Die aktuelle Lage in Spanien und Portugal

Der Waldbestand hat stark zugenommen, somit gibt es auch mehr Brände. Die Temperaturen steigen im Sommer, die Trockenheit ist größer. In diesem Sommer sind circa 2000-4000 km² Wald abgebrannt, das ist mehr als in durchschnittlichen Jahren. Es ist aber immer wichtig zu betrachten, was hier als Wald in die Flächenangabe eingerechnet wurde. Die Macchie und ihre Vorstufe, die noch niedrigere Garrigue sind beinhaltet oder nicht?

Insgesamt sind das keine kleinen Flächen, sondern man redet hiervon ein bis zwei % des Waldbestandes in Spanien. Immer vor dem Hintergrund: Der Waldbestand hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt, Tendenz gleichbleibend steigend. 

In den Berichterstattungen wird immer von Hektar geschrieben. 1 km² hat 100 ha. Somit hört sich eine Größenangabe von Bränden in Hektar im dramatischer an. Ein Hektar ist etwa der Innenraum eines Stadions. Wenn wir also von circa 3000 km² reden, sprechen wir also ungefähr von der Fläche von 1,5 Landkreisen (Kreis Kleve z B) in Deutschland.

Die Presse schreibt von „vernichteter Fläche“. Dem ist nicht so, wie die oben angeführten Erklärungen andeuten.

Iniaki ReyeroIniaki Reyero
Herbstzeitlose wenige Tage nach dem Brand 

Fazit

Waldbrände sind für die Natur nicht immer eine Katastrophe. Für Wirtschaftswald, Landwirtschaft, Tourismus und Siedlungen können sie das hingegen sein. Trotz der Waldbrände nimmt der Waldbestand in Spanien und Portugal zu. Trotz der Waldbrände wird Iberien ein immer wertvollerer Lebensraum für viele Tier und Pflanzenarten. Klimawandel und geändertes menschliches Nutzungsverhalten sorgen weiter für eine Veränderung. Einzelne Arten werden darunter leiden, andere Arten begünstigt werden. Die Natur kann mit solchen Veränderungen gut umgehen. Das hat sie im Verlauf der Erdgeschichte immer wieder gezeigt und beweisen müssen.

Unumgänglich sind Überlegungen, die Form der Waldbewirtschaftung zu verändern und präventive Maßnahmen zur Waldbrandreduzierung durchzuführen. Wie überall ist es besser, die Ursachen zu erkennen und zu beeinflussen, als die Symptome zu bekämpfen. Somit brauchen wir in Spanien und Portugal (und Europa) nicht mehr Löschflugzeuge, sondern eine vernünftigere Forst- und Umweltpolitik.

 

Der Autor

Stephan Martens

Die Natur ist meine Leidenschaft. Und mein Traumberuf seit über 20 Jahren Reiseleiter: Genauer gesagt bin ich Naturreiseleiter und leite auch Ornithologische Touren. Ökologische Zusammenhänge und die anthropogenen Auswirkungen finde ich spannend. Mit Gästen Naturbegeisterung teilen, das gefällt mir.

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Stephan hält sich in jedem Jahr viele Monate in Spaniens Natur auf und steht in ständigem Kontakt mit lokalen Reiseleitern, Biologen, Wildführern und den Betreibern der Lodges. 

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