Wer Costa Rica bereist, wird nicht nur Regenwälder und Nationalparks sehen. Die Hauptverkehrsstraßen, über welche sich der Tourist bewegt, führen zumeist durch Siedlungen oder landwirtschaftliches Gebiet. Ja gerade Ansiedelungen erfolgen ja gerne an den Straßen, denn da ist die Erschließung vorhanden. Seitenstraßen und Wohn- oder Gewerbegebiete sind teuer. Gerade im dicht besiedelten Zentraltal nimmt daher der besiedelte Raum scheinbar kein Ende.
25-30 % ist der Waldanteil in Costa Rica, was sogar weniger ist als in Deutschland. Mit dem Unterschied, dass in Costa Rica der Wald zu 90% aus Urwald besteht. Primär- oder Sekundärwald. Aber eben nicht forstwirtschaftlich genutzt. In Deutschland und Mitteleuropa sind ca. 95-98% des Waldes Kulturwald, also forstwirtschaftlich genutzt.
Rund 35 % der Fläche des Landes werden landwirtschaftlich genutzt. Nachfolgend gebe ich hier eine Übersicht über die wichtigsten Kulturen, in Kurzform. Dabei berichte ich aus meinen eigenen Reiseerfahrungen seit nun fast 30 Jahren in Costa Rica. Als Naturreisender und Naturfreund, also auch ein Tourist, welcher die Ökologie verstehen sollte, ist die Betrachtung der Landwirtschaft und ihrer Vor- wie Nachteile für Vögel, Säuger, Insekten, Waldgebiete und das ganze Ökosystem unerlässlich. Die Landwirtschaft hat in diesem kleinen Land Amerikas eine ebenso große Wirkung auf die Artenvielfalt wie in Mitteleuropa. Der Konsum bestimmter Produkte und die Methoden des Anbaus haben extreme Auswirkungen auf Natur, Mensch und Tiere.
Kaffeeanbau in Costa Rica:
Kaffee (Coffea arabica) wird in kleinbäuerlichen Betrieben in Höhen von 600-1600 m angebaut. Auch konventionelle Plantagen weisen zumeist Heckenpflanzungen aus Yuccasträuchern, Drachenbäumen oder
Im Bioanbau sind heimische Arten in bestimmter Zusammensetzung gefordert. Die Kaffeepflanzen werden konventionell recht intensiv mit Pflanzenschutzmittel behandelt und mit Kunstdünger versorgt. Im Bioanbau wird nicht nur Boden und Luft weniger belastet, sondern auch der Feldarbeiter. Denn Arbeitsschutz funktioniert in Costa Rica nur sporadisch.
Der Bioanbau erzeugt mit einfacheren und robusteren Sorten keine Qualitäten von besonders ausgezeichnetem Wohlgeschmack. Bei gegebener Kompromissfähigkeit des Konsumenten wird so aber deutlich schonender produziert.
Eine kleinteilige Bioanbaufläche betrachte ich in Hinblick auf die darin zu beobachtenden Vogelarten und Tierarten durchaus als sehr (umwelt-)verträgliche Landnutzung.
Zuckerrohranbau in Costa Rica:
Das Zuckerrohr (Sacharum officinarum) ist ein Gras von bis zu 6 m Höhe. Eine Kultur, welche über mehrere Jahre auf einem Feld betrieben werden kann. Zumeist wird es im Tiefland angebaut.
Problematisch ist das vor der Ernte noch immer weit verbreitete Abbrennen des Laubes. Dabei sollen auch Unkräuter, Schlangen und Mücken beseitigt werden. Bioanbauflächen habe ich in Costa Rica noch nicht bemerkt. Konventionelle Fläche betrachte ich als ökologische Katastrophe, etwa so wie der Maisanbau in Mitteleuropa. Nur ganz wenige Tierarten sind in diesen dichten Beständen zu finden.
Reisanbau in Costa Rica:
Reis (Oryza sativa) wird in Costa Rica nicht unbedingt jedem Naturreisenden auffallen.
Die Reisfelder stehen zu Kulturzeiten unter Wasser, daher ist der Bedarf groß. Es muss immer fließen und so ist ein ausgeklügeltes System von Kanälen erforderlich. Zumeist findet der Anbau somit in flachen Tiefländern statt. Wegen des fließenden Wassers ist die Konkurrenz an Wildkräutern nicht intensiv und es kann auf Herbizide weitgehend verzichtet werden. Gegen Pilz und Insekten wird aber dennoch gespritzt. Und auch der Kunstdüngereinsatz und damit die Nährstoffanreicherung der anliegenden Gewässer nicht unerheblich. Bioanbau ist mir in Costa Rica in Sachen Reis nicht bekannt. Dennoch haben in meinen Augen insbesondere für Reiher, Limikolen, Störche und Co. die Reisfelder eine wichtige Funktion. In manchen Gebieten kommt es besonders bei der Ernte und Umbruch des Bodens dann zu Massenansammlungen von Vögeln. Befeuert natürlich durch die üppigen Nährstoffgaben. Ebenso sind Kanäle, Gräben und Becken willkommene Ersatzlebensräume für wasserliebende Vögel und weitere Organismen.
Bananenanbau in Costa Rica:
Große Plantagen von „Dollarbananen“ für den Export gibt es gerade an der Karibikküste im Tiefland.
Schaut man sich diese Kulturen an, findet man kaum Leben in ihnen. Der Boden ist unkrautfrei gespritzt, die empfindlichen hochgezüchteten Früchte werden mit blauen Tüten geschützt, damit noch intensiver gespritzt werden können. Bei offenen, ungeschützten Früchten müssten Wartezeiten eingehalten werden. Aber Spritzflugzeuge arbeiten effizienter, wenn überall und immer behandelt werden kann. Offiziell sind die blauen Tüten über den Fruchtständen ein Schutz gegen „Erntehelfer“ wie Vögel und Affen. Davon sind in Monokulturen aber weit und breit Keine zu sehen.
Biobananenanbau in Costa Rica findet man sporadisch in der nördlichen Karibischen Tiefebene. Sie sind zumeist kleinflächiger und weisen einen Bodenbewuchs auf welcher gemäht wird. Es bedeutet einen nicht unerheblichen Aufwand, die reifenden Früchte vor Tieren zu schützen.
Maniokanbau in Costa Rica:
Der zu Unrecht als „Kartoffel des armen Mannes“ bezeichnete Maniok (Manihot esculenta) oder Yuca wächst auf mittelgroßen Feldern im Tiefland.
Vorteil von Maniok ist vielleicht, dass die Pflanzen noch nicht so stark züchterisch bearbeitet sind, eine große Robustheit gegen Konkurrenzkräutern und Krankheiten besitzen. Bei den Reisegästen steht der Maniok oder Yuca in Beliebtheit deutlich hinter der Kartoffel hinten an. Aber Maniok wird eben im Land und somit regional erzeugt, Kartoffeln sind dagegen oft importiert.
Ananasanbau in Costa Rica:
Die Ananas (Ananas comosus) ist eine Bromelie und also eine Verwandte der vielen Aufsitzer-Bromelien des Regenwaldes. In Costa Rica heißt sie Piña.
In Costa Rica (karibische Tiefebene an der Grenze zu Nicaragua) sind mir nur großflächige Monokulturen offensichtlich in konventionellem Anbau bekannt. Offensichtlich, weil völlig wildkrautfrei. Bioplantagen gibt es, nach meiner Info, im Süden des Landes und sie sind zumeist in kleinbäuerlicher Hand. Die von den Bananen bekannten Konzerne sind auch hier die Taktgeber. Ananas ist eigentlich fast bodenunabhängig. Und hier liegt auch das Problem: Auf sehr armen, fast rein mineralischen Böden, wo nichts anderes außer früher der Regenwald gewachsen ist, waschen alle Pestizide und Flüssigdünger sofort aus und gelangen ins Oberflächenwasser. Costa Rica ist inzwischen der größte Ananasproduzent der Welt, deshalb werden bei diesen doch enormen Flächen die Umweltprobleme immer größer. Trotz vollmundiger Bekundungen der PR-Maschinerie Costa Ricas, dass man das umweltfreundlichste Land weit und breit sei.
Zumeist nimmt der Naturreisende die Auswirkungen noch positiv auf, nämlich durch einen extrem hohen Bestand an Vögeln und Kaimanen in den gut gedüngten Flüssen.
Jeder Käufer einer Ananas in Europa entscheidet so mit, wie es weitergeht in den Urwaldparadiesen in der Nachbarschaft der Piñakulturen.
Palmölanbau in Costa Rica:
Die Ölpalme (Elaeis guinensis) ist eine Wunderpflanze. Keine andere Ölfrucht erzeugt soviel Öl in Bezug auf die Fläche. Der Anblick von Ölpalmenplantagen lässt, wegen des eingebrannten positiven Palmenimages, Reisende zunächst erfreuen.
Kakaoanbau in Costa Rica:
Es gibt quasi keinen Kakaoanbau mehr in Costa Rica. Früher gab es bedeutende Plantagen. Was geblieben ist, sind "Kakaotouren" für Touristen in Schauanlagen. Sieht man in die Statistik Kakaoproduzierender Länder, dann steht Costa Rica auf Null Tonnen Export. Ein Pilz, angeblich von den US-Amerikanern eingeführt, machte hier alle Plantagen zunichte. Dabei ist Kakao eine recht freundlich zu betreibende Kultur. So wachsen Kakaosträucher zumeist im Halbschatten größerer Bäume oder sogar im lichten Regenwald. Eine Kakaoplantage, gerade im Bioanbau, kann somit eine hohe ökologische Wertigkeit haben.
Gemüseanbau in Costa Rica:
Der Gemüseanbau von Kartoffel bis Tomate, von Salat bis Möhre findet zumeist in kleinbäuerlichen Lagen im Hochland oberhalb 1300 m statt.
Zierpflanzenanbau in Costa Rica:
Costa Rica hat durch eine gute Universität und weitere landwirtschaftliche Schulen den Sprung geschafft, nicht nur einfache landwirtschaftliche Kulturen anzubauen. Sicher sind Kaffee und Bananen noch präsent, aber anspruchsvollere Kulturen sind auf dem Vormarsch. Blühpflanzen wie Geranien, Topfpflanzen wie Gummibäume oder Blattgrünpflanzen wie Maranten, Lederfarn sind wichtige Exportgüter geworden. Zum großen Teil sind die Betriebe Mischkulturen und recht überschaubar an Fläche. Somit sind extreme Umweltbelastungen wie z B bei Bananen- oder Ananasmonokulturen, noch nicht drastisch spürbar.
Allerdings, wer Pflanzen dieser Art konsumiert, sollte immer daran denken, dass in fast allen Ländern außerhalb Europas und Nordamerikas der Arbeitsschutz, also die Ausstattung mit Schutzkleidung, Masken, Sicherheitsschuhen oder auch gerechte Löhne keine große Rolle spielen.